Hintergrundwissen "Kundenservice & Kundenzufriedenheit"

Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehrwisser, Besserwisser

Emotionale Steuerung der Kaufbereitschaft

Die Kaufbereitschaft wird überwiegend emotional gesteuert.
Das Gefühlserleben
beeinflusst das Kaufverhalten ganz entscheidend.
Das aktive und passive Verhalten gegenüber dem Kunden sowie der Service im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit spielen eine enorme Rolle. Zufriedenheit und (sofern das Mindestmaß "Zufriedenheit" überhaupt erreicht wird) das verkaufspsychologisch angestrebte - über reine Zufriedenheit hinausgehende - "positive Gefühlserleben" basieren jeweils auf...

 

...Verhalten gegenüber Kunden
Verhalten kann - wie im normalen Leben - in eine positive oder eine negative Richtung gehen. Die Lebensregel ist recht einfach: Positives Verhalten (von Unternehmen und deren Mitarbeitern) führt zu positiven Verhalten (von Kunden und deren Umfeld), folglich zu Mehrkauf, Kundenzuwachs etc., während negatives Verhalten das Gegenteil bewirkt.

 

Nett sein reicht nicht
Im Geschäftsleben ist es ein wenig komplexer. Es geht nicht darum, negatives Verhalten lediglich zu unterlassen, nett zu sein, Verhaltes- und Service-Standards einzuhalten. Neutrales Verhalten und Standards allein sind - angesichts von Markt, Marktanforderungen, Kundenbedürfnissen und Kundensozialisierung - ebenso kontraproduktiv. Die Konkurrerenz schläft nicht.

 

Erleben und Erlebnisorientierung
Der Kunde will etwas "erleben". Folglich muss der Verkäufer etwas bieten, wobei "etwas" allein nicht mehr ausreicht. Es geht nicht nur um Erlebnisorientierung - 
Der Kunde möchte positive Gefühle erleben und - damit es zu keiner kognitiven Dissonanz (siehe folglich "Kognitive Dissonanz im Verkauf, Vertrieb, Marketing") kommt - darüber hinaus eine gefühlsmäßige Bestätigung seiner Kaufentscheidung erfahren.


Der missverstandene Kundenservice 
Kundenservice 
wird unternehmensseitig zwar überall propagiert und zumeist angestrebt, aber nicht wirklich gelebt oder verstanden. Psychologisches Hintergrundwissen fehlt oft ebenso wie entsprechendes Basiswissen. Wen wundert es, wenn manche lediglich auf Menschenkenntnis setzen oder Kundenservice mit "Dienen" oder "Hofieren" gleichsetzen. Der Service-Gedanke ist da, wird jedoch zumeist völlig falsch verstanden. 

 

Abwanderung + Umsatzeinbußen

Viele Kunden sind mit dem Service der jeweiligen Unternehmen unzufrieden. Sie spüren eine „Take-It-Or-Leave-It“ Einstellung oder nicht eingehaltene Service-Versprechen. Dies führt zu starken Vertrauensverlusten, zu negativer Mund zu Mund Propaganda (Negativ-Image) und damit zu Abwanderung und Umsatzeinbußen.

 

Zahlen und Fakten
Noch nie waren die deutschen Verbraucher so unzufrieden mit der Qualität des Kundenservices: Zwei Drittel (64 %) wechselten mindestens einen Anbieter, weil der Service so schlecht war. Computergesteuerte Call-Center sorgen bei 85 % der Befragten für Wut. Kontaktaufnahme mit dem Kundendienst per SMS hassen 74 % der Kunden. 68 % meiden Online-Service-Center. Zwei von drei Kunden (65 %) ärgern sich über Hilfe per Online-Chat. 61 % fühlen sich von der Fehlerbehebung per E-Mail oder Telefon im Stich gelassen. Jeder zweite (51 %) ist auch mit der persönlichen Betreuung unzufrieden. Jeder Dritte (33 %) fühlt sich nicht ernst genommen und von aufgesetzten (künstlich - gekünzelt wirkenden) Service-Betreuern auf den Arm genommen bzw. belogen.

 

Eine Firma kann ein Drittel ihrer Kunden verlieren,...
...wenn sie nicht auf Kundenzufriedenheit achtet. Nach einer Studie über Kundenunzufriedenheit der Wharton School an der University of Pennsylvania kann ein kleines Ladenlokal im Durchschnitt 34 der jetzigen oder zukünftigen Kunden verlieren, wenn 100 Kunden eine eventuell schlechte Erfahrung machen.


Beschwerden
Die geringste und unschädlichste Form der negativen Auswirkung ist die "Beschwerde". In Relation zu den weitaus gravierenderen Auswirkungen erfolgt sie jedoch eher selten. Sie stellt - statistisch betrachtet - nur einen minimalen Bruchteil des Hauptschadens dar (quasi die Spitze des Eisberges). Den meisten Kunden ist eine Beschwerde zu energieaufwändig. Sie kaufen nicht mehr, geben ihre Erfahrung an andere potentielle Kunden weiter, wandern ab. 

 

Aus einem unzufriedenen Kunden werden schnell Hunderte
Die Studie hat gezeigt, dass nur 6% der Käufer, die eine schlechte Erfahrung gemacht haben, dies dem Geschäft mitgeteilt haben. Stattdessen haben 31% über diese schlechte Erfahrung mit Freunden, Familienmitgliedern oder Kollegen gesprochen. 8% davon haben das einer Person erzählt, weitere 8% erzählten es zwei Personen, 6% haben mit sechs oder mehr Personen darüber gesprochen. Während früher - statistisch betrachtet - ein unzufriedener Kunde - im Durchschnitt 10 weitere mit sich zog, ist es heute (in Zeiten von Internet und Social Media) ein Vielfaches.

 

Der Fall David Carroll
Als Beispiel sei hier der Fall des David Carroll genannt, der seine Unzufriedenheit mit dem Service einer Fluggesellschaft (wegen einer beschädigten Gitarre und nachfolgender Probleme in Bezug auf Beschwerdemanagement und Schadenregulierung) im Internet veröffentlichte. 
Sein Protest-Song/-Video "United Breaks Guitars" bei YouTube wurde millionenfach abgerufen. Am 22.09.2014 wurden 14.223.460 Klicks gezählt. Ein solcher Image-Schaden ist gigantisch. Im konkreten Fall war er auch anhand von Börsenzahlen deutlich messbar.


Beschwerden haben eine noch größere Wirkung...
...auf diejenigen, die nicht direkt beteiligt waren, da das entsprechende Kundenerlebnis weiter verbreitet und dazu noch phantasievoll ausgeschmückt wird. Die Kraft der Mund zu Mund Propaganda liegt in der Natur des Geschichtenerzählens. Damit eine Story erzählenswert wird, muss ein Unterhaltungswert (Schockwert) vorhanden sein. Geschichtenerzählen unterhält zwar die Kunden, schadet aber den Firmen.

Die Macht der Mund zu Mund Propaganda
Überlegen Sie einmal, wie viele Male Sie selbst anderen (die Kunden sind oder potentielle Kunden sein könnten) über eine schlechte Erfahrung (z.B. Unzufriedenheit bei Einkauf, Service und Reklamation) erzählen. Sie erzählen es Ihrer Familie, Ihren Freunden, Ihren Nachbarn und vielen anderen Menschen. Zudem kommt das Thema bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder auf und wird von anderen verzerrt und verstärkt weiter erzählt. Zusätzlich gibt es soziale Medien und entsprechende Blogs, in denen Betroffene von ihren Erfahrungen berichten und das entsprechende Unternehmen an den Pranger stellen.

 

Fast alle Untersuchungen sind Studien aus dem Ausland...
was in erschreckendem Maße zeigt, wie geringfügig in Deutschland das Thema Kundenzufriedenheit und Kundenservice geschätzt wird. Sind USA-Studien auch für Deutschland relevant? Immer geht es um Menschen und um menschliche Bedürfnisse. Auf Grund des menschlichen Naturells wollen alle Menschen, die eine schlechte Erfahrung (z.B. Kauferfahrung) machen, ihre Wut ablassen und erzählen das anderen um sich zu entlasten und ihrem Ärger  "Luft zu machen".

 

Ärger wird aufgebauscht
Auf Grund ihrer Emotionalität bleiben unzufriedene, verärgerte Menschen nicht sachlich. Sie möchten, dass das, was sie anderen erzählen, so dramatisch klingt wie möglich. Der einzige Grund, warum der Anteil der verlorenen Kunden in Deutschland etwas niedriger sein könnte als in den USA, ist die generelle Akzeptanz des schlechten Kundenservices hierzulande durch Gewöhnung bzw. entsprechende Sozialisation.

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