Hintergrundwissen "Personal Branding / Human Branding"

Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehr-Wisser, Besserwisser

Einleitung

Welche Personen hinter den meisten Marken stehen, weiß in der Regel niemand. Kennen Sie den Chef von Nestlé, der hinter "Alete" steht? Vermutlich nicht.
Claus Hipp kennen jedoch die meisten - ebenso seinen Spruch aus der TV-Werbung: "Dafür stehe ich mit meinem Namen".

 

Menschen, die Kaufentscheidungen treffen, orientieren sich gerne an Menschen - und manchmal sind es Menschen aus Fleisch und Blut, die Verantwortung für IHR Unternehmen übernehmen und dies auch so darstellen. So auch bei der Fa. Trigema. Wolfgang Grupp, den alleinigen Geschäftsführer und Inhaber in der dritten Generation kennen die meisten zwar nicht mit Namen - dennoch steht auch er in der Werbung stellvertretend für sein Unternehmen und die die soziale und wirtschaftliche Verantwortung mit der Aussage "100% Made in Germany".

 

Authentische Ehrbarkeit kann durchaus ein Vertrauensbonus und Wettbewerbsvorteil sein. Bei Marken, die durch konkrete Personen repräsentiert werden, übernehmen Menschen real oder in der Vorstellung konkrete Verantwortung. Dabei sind Werbestrategien von aufrichtiger Lebens-Philosophie zu unterscheiden.

 

Alternativ zu Inhabern, die sich mutig vor Ihre Marken stellen, werden Marken auch durch fiktive Rollen ("Herr Kaiser", "Klementine") oder durch Prominente repräsentiert. Sie werden vermenschlicht: Die Vorstellung von der Marke wird mit konkreten Personen und entsprechenden Assoziationen verknüpft.

Das ICH als Marke

Es sind aber nicht nur Unternehmen, die auf "Personal Branding" setzen.

Personal Branding ist eine regelrechte Strategie, um sich generell deutlich von Wettbewerbern abzuheben.

 

Ob Manager, Künstler, Berater, Anwalt, Arzt oder Bewerber - ob Erfolg im eigenen Job- und Geschäftsprojekt oder Karriere-Perspektiven: In einer Zeit, in der wir von unzähligen Werbe-, Marketing- und Selbstmarketing-Maßnahmen regelrecht überflutet und zugetextet werden (Reizüberflutung), nehmen Menschen ihre Umgebung nur noch sehr selektiv und oberflächlich wahr (Selektive Wahrnehmung). Daher wird es immer notwendiger, aber auch schwieriger, sich von anderen abzuheben.

Genau dieses "sich von anderen abheben" und "klare Botschaften platzieren", wird beim Personal Branding zum Zwecke des erfolgreichen Marketings / Selbstmarketings genutzt - schließlich geht es darum, aus der Masse der unzähligen Reize und Sinneseindrücke herauszustechen, sich deutlich von seinen Konkurrenten abzugrenzen, sich positiv von Wettbewerbern abzuheben, einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, die gewünschte Wirkung beim Gegenüber zu erzielen und nachhaltig im Kopf zu bleiben.

 

Dabei gilt es dann auch schon mal, zu polarisieren und anzuecken. Wer keine "Ecken und Kanten" und keine "Ablehner und Neider" hat, der "bildet" und "vertritt" keine eigene "Marke", sondern kauft eher eine von anderen. Im Zuge des Kosum-, Werbe- und Selbstdarstellungs-Rausches fühlen sich nicht nur Künstler, Stars und Top-Manager mittlerweile geradewegs dazu genötigt, eine eigene Personenmarke zu entwickeln, um sich auf dem Markt zu etablieren, zu überleben und sich auch langfristig durchzusetzen:

 

Auch Menschen mit ganz normalen Karriere-Absichten können sich als Marke deutlich positiv von anderen abheben: Nicht etwa nur, um Karriere-Ziele schneller und effizienter zu erreichen, sondern auch, um genau die richtige und passende Zielgruppe zu erreichen, die der eigenen Person entsprechende Wertschätzung beimisst und eben nicht nur konsumiert. Die Theorie dahinter besagt: Die Kunden, die den Wert der eigenen Marke erkennen, sind zugleich optimale Partner. Sie kaufen nicht nur Produkte und Dienstleistungen -sie kaufen ein Marken-Gefühl.

 

Und solch ein Marken-Gefühl hat eine ungeheure Wirkung, die wir nicht nur kennen wenn wir namhafte Marken wie Armani oder Porsche in den Ohren klingen hören, sondern allein von unserem Alltags-Sprachgebrauch her. Beispiel: "Das ist der Mercedes unter den XY"

 

Selbst eine simple Jeans trägt sich mit einem Markenemblem einfach besser und viel geschmeider, selbst bei gleichem Stoff - wie Untersuchungen deutlich aufzeigen. Mit der "richtigen" Marke identifiziert man sich - wird aber auch selbst von seiner Umwelt als ein bestimmter Typ Mensch identifiziert, dem ein bestimmter Charakter, ein bestimmter "Geldbeutel" und eine bestimmte Einstellung zugeschrieben wird. Bei Produkten und Dienstleistungen gilt dies für das Gefühl von Qualität und Wertempfinden. Der "richtige" markenaffine Kunde zahlt gerne mehr und ist im Hinblick auf das sonstige Drumherum (z.B. die Mühen und Argumente des Verkäufers) wesentlich toleranter.

 

Marken haben eine starke Wirkung auf unser Gehirn. Personal Branding ist damit ebenso wie anderes Marken Branding zugleich eine Maßnahme, die dem Bereich des Neuromarketings / Neurosellings / Consumer Neuro Science anzusiedeln ist, allein weil es das Motiv- und Emotionssystem unseres Gehirns anspricht - beim Personal Branding sogar auf eine sehr persönliche Art und Weise.

 

Beim Personal Branding geht es nicht nur darum, sich zu präsentieren, sondern darum, Ecken und Kanten zu finden. Dazu gilt es, festzustellen bzw. festzulegen, was einen ausmacht und wofür man steht. Die Marke ICH wirkt dabei wie ein Versprechen, das automatisch gilt. Das Marketing bzw. Selbstmarketing muss dieses Versprechen lediglich einlösen. Oft geht es im Personal Branding sogar darum, regelrecht zu polarisieren: Wer Fans finden will, der braucht auch Ablehner. Daher darf man sich nicht wundern, dass sich bei jeder guten Marke ebenso eine Opposition bildet. Teuer wirkende Markenautos werden ebenso eher verkratzt als weniger wertig erscheinende Fabrikate ohne polarisierende Wirkung.

Wie ist der Begriff entstanden? Der Begriff "Personal Branding" - auch "Human Branding" genannt, kommt aus dem Englischen und bedeutet ganz einfach "Markierung von Menschen". Besser klingt hier die Bezeichnung "Personelle Markenbildung" oder "Personenbezogene Markenbildung". Der Begriff "Branding", der heute für den Aufbau und die Weiterentwicklung einer Marke gebraucht wird, geht auf die Praxis des Brandzeichnens und des Stempelns zurück.

Früher kannte man Markenbildung nur von Produkten und "Branding" lediglich von Tieren (z.B. Pferde und Rinder) oder Sklaven, die markiert bzw. gebrandmarkt werden, um sie als zu einem bestimmten Besitzer zugehörig zu kennzeichnen - ebenso, um sie voneinander unterscheiden zu können. Die ersten sehr persönlichen Marken gab es jedoch bereits schon vor sehr langer Zeit.

 

Bereits Mittelalter markierten die unterschiedlichen Handwerker (z.B. Plattner oder Waffenschmiede) ihre Produkte (Rüstungsteile, Blankwaffen wie Schwerter, Halmbarten etc.) mit ihrem Namen und/oder ihrem Zeichen und/oder ihrem Wappen (z.B. Plattnermarken und Schmiedemarken). Ein Plattner oder Schmied, welcher einen Gegenstand hergestellt hatte, "signierte" "sein Werk" durch das Einschlagen einer individuellen Marke. Mit dem Einschlagen dieser Marke, stand er mit seinem Namen und seinem guten Ruf für sein Werk gerade und bürgte dafür, daß das von ihm gestempelte Werkstück auch den allgemein geltenden Anforderungen entsprach.

 

Viele machten sich damit einen regelrechten "Namen", der bis in die Neuzeit seinen Wert hat und den Wert des Produktes auf Antiquitäten-Auktionen sogar in kaum vorstellbare Höhen treibt. Auch jetzt in der Neuzeit haben viele Schmiede und andere Metallverarbeiter die Schmiedemarke wieder für sich entdeckt. "Brandzeichen" gibt es auch für als namhafte Porzellanmarken und auch Marken-Keramik bekommt einen Stempel. Bei Malern ist es die Signatur, die dem Kunstwerk erst den echten Wert und seine eigentliche Bedeutung verleiht. Sie macht selbst aus einer bloßen Kritzelei oder ein paar Flecken einen "Picasso" oder "Boys" von unschätzbarem Wert.

 

Wie bereits erwähnt, geht es beim Personal Branding aber nicht nur um die Kennzeichnung, Unterscheidung und Aufwertung von Produkten: Der Mensch selbst ist in der Lage, sich zu einer Marke zu machen und sich damit ein Alleinstellungsmerkmal und einen Status von Wert zu verleihen. Geprägt wurde der Begriff "Personal Branding" u.a. von Tom Peters in einem Artikel von 1997, in dem er u.a. den Ausdruck "Brand You" benutzt und von einer einer pragmatischen, kommerziellen  Idee spricht, bei der es um das Überleben, aber auch um Chancen gehe, ebenfalls um Selbstdefinition.

 

In seinem "erfolgreichsten Buch der Welt" mit dem Titel "Es kommt nicht darauf an, wer du bist, sondern wer du sein willst" (Deutschsprachige Erstausgabe 2005) benutzt der Autor Paul Arden (1940 – 2008), ehemaliger Executive Creative Director von Saatchi and Saatchi auf Seite 18 ein Zitat von Victoria Beckham als Überschrift: "Ich will so berühmt werden wie Persil." und schreibt:

 

"Als Teenagerin wollte Victoria Beckham nicht nur ihre Freunde übertreffen oder eine erfolgreiche Sängerin werden - sie wollte eine weltbekannte Marke werden... Es spielte keine Rolle, wer sie war. Es zählte nur, wer sie sein wollte. Interessanterweise nahm sie sich nicht George Michael oder Mariah Carey zum Vorbild, sondern machte Persil zum Maßstab für ihren Erfolg. Dies mag verrückt klingen - aber dieser originelle Plan hat sie dahin gebracht, wo sie heute steht."

 

Zugleich rät Paul Arden: "Versprich nichts, was Du nicht halten kannst." und "Halt keine Vorträge. Mach eine Show daraus."

 

Trotz des Ratschlages von Paul Arden ist ein wichtiger Bestandteil der Markenbildung in Bezug auf die Marke ICH das sogenannte "Storytelling". Damit ist die Verankerung von Botschaften gemeint, die mir der Marke ICH unverzichtbar einhergehen. Ohne Botschaften, welche über eine Story die eigene Marke mit Leben füllt, wäre die Marke nur halb so viel oder gar nichts wert. Schließlich muss sie im Gedächtnis haften bleiben. Botschaften werden daher in passende Geschichten eingehüllt, die den Kern der Aussage immer wieder auf den Punkt bringt.

 

Bereits die Gebrüder Grimm und andere Märchenautoren verstanden es vortrefflich, ihre Botschaften derart zu verpacken, dass sie auch noch nach vielen Jahrzehnten im Gedächtnis haften bleiben. Das geschieht über die jeweils handelnden stereotypen Figuren, durch die Erzählform (mit entsprechendem Spannungsbogen) und das Erzeugen von persönlichem Involvement, bei dem der Leser oder Zuhörer selbst unmittelbar emotional in das Geschehen involviert wird, wodurch die Geschichte selbst weniger wichtig wird als die darin versteckte Botschaft (z.B. Lehrbotschaft).

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