Hintergrundwissen "Intuition: Intuitive Gesichtserkennung"

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Das menschliche Gehirn funktioniert bei der Wahrnehmung und Verarbeitung von Sinnesreizen wie ein Scanner: Ein Blick in ein fremde Gesichter reicht, um Stimmungen einzufangen und zu interpretieren. Wir sehen, wer sich gerade ärgert, wer sich freut und wer traurig ist. Menschen sind Experten darin, die Emotionen anderer allein aus ihren Gesichtern herauszulesen. In der Regel machen sich die typischen Basisemotionen (Freude, Trauer, Überraschung, Wut, Ekel, Angst) durch das gleiche Mienenspiel bemerkbar –  und das sogar quer durch alle Kulturen. Auch ist der Mensch in neurobiologischer Hinsicht bestens dafür ausgerüstet, alleine von der Mimik anderer Menschen Rückschlüsse auf deren emotionalen Zustand zu ziehen bzw. die Gefühle anderer zu erkennen. Dies ermöglichen spezielle Areale in unserem Gehirn und sogenannte Spiegelneurone.

 

Evolutionstechnisch stellt diese ist Fähigkeit einen deutlichen Überlebensvorteil dar z.B. um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Menschen sind nämlich von Natur aus soziale Wesen; seit der Steinzeit leben Menschen in Gruppen zusammen. Was den Menschen einzigartig macht, ist seine Fähigkeit, in sozialen Netzwerken zu interagieren und zu kooperieren. Dazu braucht es entsprechende Empathie – eine wichtige soziale Kompetenz. Um ein einigermaßen erfolgreiches kooperatives Miteinander überhaupt erst zu ermöglichen, haben Menschen sehr früh ein feines Gespür für das emotionale Innenleben ihrer „Rudelgenossen“ entwickelt. Im Verlaufe der Evolution entwickelt sich diese Fähigkeit zur Anpassung und Kooperation durch die Bedingungen der heutigen modernen hochtechnologischen Wohlstands- und Konsumgesellschaft wieder zurück, sogar verhältnismäßig rapide. Dennoch: Wer die Stimmung seiner Mitmenschen richtig deuten und adäquat (feinfühlig und treffsicher) darauf reagieren kann, hat einen klaren Vorteil, sowohl im Berufs- und Geschäftsleben als auch im Privat- und Beziehungsleben.


Auch können die Gefühle anderer indirekte Hinweise auf die Umgebung geben und darauf, wie diese zu deuten ist. Der körpersprachliche Ausdruck von Freude oder Wohlbehagen signalisiert gleichzeitig positive Umweltbedingungen, alternativ ein konkretes zwischenmenschliches Interesse. Zeigt ein Mensch hingegen plötzlich deutliche Anzeichen für Angst und „starrt“ dabei in eine bestimmte Richtung, so ist das für die anderen Gruppenmitglieder ein deutlicher Hinweis dafür, dass Vorsicht geboten ist.

 

Bei der Erkennung solcher Gefühle bei anderen setzt zugleich ein Biofeedback-Mechanismus ein, der sich auf andere Gruppenmitglieder auswirkt, natürlich auch auf den eigenen Körper. Eine kraftvolle Pose stärkt Energie und Mut, während eine ängstliche Pose das Gegenteil bewirkt. Beispiel: Nur wenige Minuten in einer kraftvoll anmutenden Pose bewirkt z.B., dass in einer Gefahrensituation 25 % weniger Cortisol (Stresshormon) produziert wird. Nur wenige Minuten in einer ängstlichen Pose bewirken hingegen, dass der Cortisol-Spiegel um 15 % steigt und man ggf. völlig blockiert ist. U.a. wurde ein Experiment am Beispiel eines Bungee Sprungs durchgeführt. Das Resultat: Selbst mutige Versuchspersonen, die zuvor in einer ängstlichen Pose verharrten oder die Angst anderer mitbekamen, verließ kurz vor dem Sprung der Mut, während andere Personen, die zuvor eher ängstlich waren, sprangen, nachdem sie zuvor eine kraftvolle Haltung als Ausdruck von Stärke einnahmen.

 

Die Betrachtung solcher Körperhaltungen überträgt sich auch auf die anderen Gruppenmitglieder. Da wir soziale Wesen sind, fühlen wir uns selbst gewarnt. So auch bei der Mimik. Bei der Betrachtung von Gesichtern, die wir übrigens überall zu scannen versuchen, selbst dort, wo gar keine echten menschlichen Gesichter sind (Wolken, Mond, PKW-Kühlergrill usw.), achten Menschen besonders stark auf die Augen (insbesondere die Größe der Pupillen) und die Mundpartie. Die Blickrichtung zeigt anderen, worauf sich der Blick konkret bezieht. Sie wird zu großen Teilen im orbitofrontalen Cortex verarbeitet. Diese Gehirnregion wird bei der emotionalen Gesichtserkennung aktiv.

 

Der Verarbeitungsprozess bei der emotionalen Gesichtserkennung erfolgt außerordentlich schnell. Bereits nach 170 Millisekunden hat unser Gehirn eine erste Repräsentation des gesehenen Gesichtsausdruckes erzeugt. Nach 350 Millisekunden lösen sie eine körperliche Reaktionen aus. Die Auswertung emotionaler Reize (z.B. Ausdruck von Angst) erfolgt schneller als die Auswertung von neutralen Reizen (z.B. Haus). Grund ist, dass unser Gehirn auf Selbstschutz programmiert ist: Ggf. ist sofortiges Handeln (z.B. Flucht oder Kampf) erforderlich - und da zählt die Zeit, weniger die Präzision. In bestimmten psychischen Verfassungen reagieren wir jedoch selbst bei neutralen Reizen so als handle es sich um emotionale Reize. Insofern reagieren wir dann „über“ z.B. wenn wir mit neutralen Reizen bestimmte Assoziationen verknüpfen.


Visuelle Sinneseindrücke, die über den Thalamus als zentralen Verteilerknoten an mehrere unterschiedliche Hirnareale weitergeleitet werden, nehmen entweder einen bewussten langsamen Weg, der eine umfassende Interpretation des Gesehenen liefert, oder alternativ einen unbewussten, schnellen Weg, der dafür sorgt, dass wir bei Gefahr sofort und schnell handeln können. Dieser schnelle Weg ist jedoch sehr fehleranfällig. Dennoch: Bei Gefahr kommt es weniger auf die Präzision der Interpretation, sondern auf die Reaktionsgeschwindigkeit an. 

Reaktionen bei Überforderung unseres intuitiven Geskichtserkennungs-Systems

Manchmal ist unser Gehirn bzw. unser Gesichtserkennungs-System beim automatischen "Abscannen" von Menschen bzw. menschlichen Gesichtern ziemlich überfordert. Eine derartige Überforderung erfolgt z.B. bei verminderter bzw. eingeschränkter Sicht (z.B. bei schlechten Lichtverhältnissen) oder bei Reizüberflutung bzw. zu vielen Eindrücken (Sinnesreizen), die auf uns ein wirken. Es kommt dann zu verschiedenen Effekten:

Anstarr-Effekt

Wenn man einen Gegenstand minutenlang anstarrt, beginnt er sich in der eigenen Wahrnehmung langsam zu verändern. Ggf. nehmen sie in unserer Wahrnehmung die Gestalt von Personen und Gesichtern an. Der Effekt geht weder auf eine Wahrnehmungsstörung, noch auf eine Trugwahrnehmung aufgrund einer psychischen Störung zurück, sondern allein auf die Interpretation: Allein dadurch, dass wir durch längeres Hinschauen mehr in ihm sehen, ihn interpretieren und ggf. uminterpretieren, verändert sich der Gegenstand oder eine Person.

 

Anstarr-Effekt bei sensorische Deprivation

Der Anstarr-Effekt ist zugleich mit ein Grund, warum Menschen, die im Dunkeln und in der Dämmerung etwas fixieren, merkwürdige bzw. phantastische Veränderungen in ihrem Umfeld wahrnehmen, die manche Menschen mit Gespenstern bzw. Geistern zu erklären versuchen. Insbesonders sensible bis ängstliche Kinder können beim Schlafengehen sehr darunter leiden. Wenn sie von ihrem Bett aus einen Gegenstand im Raum beobachten, kann es aus ihrer Sicht bald so wirken, als nimmt er mit der Zeit eine andere Form und Gestalt an z.B. die Gestalt einer Person (Gespenst, Geistererscheinung) oder eines bösen Tieres. Gleiches passiert aber auch bei Erwachsenen wenn ihre äußeren Sinnesein­drücke (z.B. durch Dunkelheit) eingeschränkt werden (sensorische Deprivation): Bereits nach kurzer Zeit beginnt ihr Gehirn, ihnen bestimmte Bilder, Bewegungen oder Geräusche vorzugaukeln. Kurzum: Man beginnt zu halluzinieren (Halluzination).


Anstarr-Sensibilitäts-Effekt

Andreas Köhler konnte bei Experimenten beobachten: Je höher die Sensibilität in Anstarr-Effekt-Situationen bei sensorischer Deprivation und je höher die Emotionalität (z.B. Angst) und je höher die Kreativität der Phantasie der betreffenden Person, desto höher die Verzerrung und desto stärker die phantastische Ausprägung bis hin zum Gefühl, dass der Versuchsperson eine reale Gestalt (mit Augen und Fratze etc.) gegenübersitzt, steht oder sogar auf einen zukommt. Bedingung ist immer die Dunkelheit oder das Dämmerlicht. Was passiert? Unser Gehirn blendet mit der Zeit die eigentlichen Wahrnehmungsinhalte aus und flickt die Lücken im Gesamtbild durch Versatzstücke aus dem Gedächtnis zusammen. Diese Fragmente aus unserer Erinnerung können zu völlig neuen Bildern werden, die mit Hilfe der Vorstellungskraft (= Phantasie) erzeugt werden. Je höher die Kreativität eines Menschen ist, desto ausgeprägter die Vorstellungskraft und das daraus resultierende Phantasie-Konstrukt. Gleiches gilt auch für die Emotionalität von Menschen. Je emotionaler eine Person wahrnimmt, desto sensibler reagiert sie und formt dann aus einer harmlosen Sache umso schneller im Kopf ein "gefährliches Monster". Siehe dazu auch "Monstergesicht-Effekt" / "Flashed Face Distortion Effect".


Anstarr-Effekt (Menschen)

Das Anstarren von Menschen führt ebenfalls zu Reaktionen - und zwar konkret bei Personen, die über längere Zeit angestarrt werden. Insbesondere der tiefe Blick in die Augen eines anderen Menschen löst Gefühle aus und hat eine bewusstseinsverändernde Wirkung. Menschen fühlen sogar, wenn längere Zeit Blicke von hinten auf sie geworfen werden - manche Menschen drehen sich dann um, um intuitiv zu schauen, wer hinter einem steht, selbst dann wenn die Entfernung sehr groß ist. Insbesondere Schüler kennen den Effekt z.B. wenn sie einen Lehrer terrorisieren wollen. Je mehr Blicke auf einer Person "lasten", deso extremer die Reaktion, die bis zum psychischen oder körperlichen Zusammenbruch führen kann. Wissenschaftler konnte aber nachweisen, dass bereits ein Starren einer einzigen Person ausreicht, um a) die eigene Wahrnehmung zu beeinflussen und b) auch bei der angestarrten Person eine heftige Reaktion hervorzurufen. Das längere Anstarren von Menschen löst sogar Halluzinationen aus.

 

Der Psychologe Giovanni Caputo, Forscher an der italienischen Universität Urbino testete in einem Experiment was passiert, wenn sich Menschen gegenseitig über zehn Minuten lang durchgehend in die Augen starren und fixieren. Dabei konnte er im Ergebnis Bewusstseinsveränderungen und Halluzinationen mit starker ("gruseliger") Wirkung feststellen. In seinem Experiment ließ er 20 Probanden jeweils paarweise in einem Abstand von einem Meter so gegenüber sitzen, dass sie sich einander in die Augen schauen konnten. In der Kontrollgruppe von 20 weiteren Teilnehmern saßen die Paare hingegen Rücken an Rücken. Bei beiden Gruppen war der Raum soweit abgedunkelt, dass man gerade noch die Gesichtszüge des jeweiligen Versuchs-Partners erkennen konnte. Den Versuchspersonen wurde das Experiment als Meditationsexperiment dargestellt. Nach Ablauf der besagten Zeit wurden die Teilnehmer nach ihren Erfahrungen bei diesem Experiment gefragt.

 

Die Probanden aus der Gruppe der "Starrer" berichteten über Veränderungen ihrer Wahrnehmung und über Realitätsverzerrungen (Dissoziationen). Dazu zählte u.a. eine reduzierte Farbintensität und Geräuschempfindlichkeit. 90 % der Teilnehmer gaben an, während des Experiments "seltsame Gesichter" gesehen zu haben. Drei Viertel der Versuchspersonen meinten sogar, in ihrem Gegenüber plötzlich "ein gruseliges Monster" erblickt zu haben. 15 Prozent sahen hingegen das Gesicht eines Verwandten. Frühere Studien, bei denen sich die Versuchspersonen - ebenfalls im Dämmerlicht - selbst im Spiegel in die Augen starrten – riefen bereits ähnliche Effekte hervor. Die Illusion ähnelt ein wenig dem Monstergesicht-Effekt, wobei das lange Starren auf ein Gegenüber eine ähnliche Wirkung hat.

Flashed Face Distortion effect / Monstergesicht-Efffekt

Bei diesem Effekt werden ausnormalen Alltagsgesichtern gruselige Monster-Fratzen. Der Effekt wirkt wie der o.g. Anstarr-Effekt nur beim Fixieren. Hier betrifft es jedoch nicht das Anstarren der Gesichter selbst: Der Effekt wirkt beim Anstarren des Mittelpunkts zwischen zwei Reihen von Gesichtern, die jeweils nacheinander eingeblendet werden. Nachfolgend ein Beispiel. Es wird jedoch um Vorsicht gebeten, da das Experiment bei vorbelasteten Betrachtern psychotische Zustände und Angstzustände auslösen kann: You Tube / Shocking illusion

 

Was passiert?

Beim Monstergesicht-Effekt wird das Gesichtsverarbeitungssystem, das auf unserem intuitiven Gesichtserkennungssystem im Gehirn basiert, durch schnell wechselnde Bilder in die Irre geführt. Obgleich es sich bei den gezeigten Portraits um ganz normal alltägliche Gesichter handelt, meint der Betrachter, grotesk verzerrte Fratzen, ja regelrechte Ungeheuer vor sich zu haben.


Andreas Köhler erklärt den Effekt wie folgt:

Unser intuitives Gesichtserkennungssystem wird hier überfordet.

Wenn wir überfordert werden, versuchen wir uns selbst zu schützen. Weil wir die Gesichter bzw. die Personen, die wir sehen aufgrund der Geschwindigkeit und der Masse nicht so schnell einschätzen können, teilt uns unser Gehirn vorsorglich mit, dass es sich um unangenehme bzw. gefährliche, ja sogar besonders gefährliche Menschen handelt. Unser archaischer Selbstschutz-Mechanismus will quasi bewirken, dass wir sofort fliehen oder uns zur Wehr setzen. Je unangenehmer die Bilder wirken, desto höher ist dieser Selbstschutz-Effekt aus der Steinzeit in uns aktiv bzw. desto mehr ist unsere Gehirn beim empathischen Versuch, unsere Gegenüber zu scannen, überlastet.


Nach Andreas Köhler bedeutet dies zugleich:

Je stressiger die Eindrücke von Menschen (die wir zuerst an Gesichtern zu erkennen versuchen) sind (z.B. Menschenansammlungen), desto geringer die Chance, dass sie als sympathisch und vertrauenswürdig eingestuft werden. Gut besuchte Messen stellen folglich nicht das beste Umfeld für nachhaltig positive Kontaktanbahnungen dar. Umgekehrt kann ein solches Experiment zugleich Hinweise auf die empathischen Fähigkeiten (Empathie) von Menschen geben. Die Vermutung: Je empathischer eine Person ist, desto mehr ist ihr Gehirn bemüht, Gesichter zu scannen. Ebenso: Je sensibler ein Mensch auf die  Gesichtserkennung bzw. den Versuch der Gesichtserkennung reagiert, desto höher die Empathie. Zugleich gibt es folgende Hypothese: Je stärker die "Monsterwahrnehmung" bzw. die Überreaktion auf die unkorrekte Gesichtserkennung, desto höher die Sensibilität oder (alternativ) schlechter die psychische Konstitution und Anfälligkeit für Überreaktionen. Andreas Köhler strebt diesbezüglich ein konkretes Experiment und einen Vergleichsgruppen-Versuch mit autistischen Menschen an.

Gesichtserkennung: Gesichter, die beeinflussen / Der Babyface-Effekt / Das Kindchenschema

Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz vertrat bereits 1943 die Ansicht, dass der Mensch die angeborene Neigung hat, kindliche Gesichtszüge denen von Erwachsenen vorzuziehen. Als ursächlich sah er die Ankurbelung des evolutionstechnisch angestrebten Fürsorgeverhaltens an, welches dem Schutz der besonders verletzlichen Kinder gilt. Zur Demonstration zeigte er Umrisse menschlicher und tierischer Gesichter in der Kindheit und im Erwachsenenalter. Dabei stellte er das sogenannte Baby- bzw. Kindchenschema dar, das aus ründlichen Formen, einer überproportional großen vorgewölbten Stirn, großen runden Augen und ausgeprägten Backen (Pausbacken) besteht.


Spätere Untersuchungen zur Anziehungskraft von Gesichtern haben weitere Faktoren für das Kindchenschema definiert: Dazu zählt ein schmales Kinn, eine kleine, kurze Nase und die relativ tiefe Lage von Augen, Nase und Mund. Das Zusammenspiel der einzelnen Reize finden Menschen derart süß und unwiderstehlich, dass es sich auch auf sachliche leblose Objekte (z.B. auf Autos) übertragen lässt.


2009 wurde am Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie der Universität Münster ein weiteres Experiment durchgeführt. Dabei wurden den Probanden Bilder von Neugeborenen gezeigt und dazu die entsprechende Gehirnaktivität mit Hilfe der  Magnetresonanztomographie ermittelt. Dabei wurden einige Gesichter mit Hilfe von Bildbearbeitungssoftware noch kindlicher dargestellt als andere. Das Ergebnis war genau so wie Konrad Lorenz es 1943 vermutet hatte.


Dabei gilt folgende Regel: Je ausgeprägter das Kindchenschema (bzw. je größer und runder die Augen undje runder das Gesicht) desto größer war die gemessene Aktivität im Nucleus accumbens. Darunter versteht man jenen Teil des Gehirns in der Nähe der Amygdala, der bei Menschen und Tieren Belohnung signalisiert. Tatsächlich lässt sich diese Wirkung auch auf Objekte übertragen.


Der Psychologe Richard Wiseman von der University of Hertfordshire verteilte in einem weiteren Experiment zur Thematik Geldbeutel auf den Straßen. In jedem Geldbeutel befanden sich Fotos. Darauf sah man entweder eine glückliche Familie, ein niedliches Haustier, ein älteres Paar oder ein lächelndes Baby. Von jedem Typ Geldbeutel wurden 40 auf den Straßen verteilt. Nachfolgend sollte festgestellt werden, welcher Geldbeutel am schnellsten den Weg zu seinem Besitzer zurückfindet, allein dadurch, dass ein bestimmter Reiz im Finder des jeweiligen Geldbeutels etwas bewirkt.


Das Ergebnis: Die Geldbeutel mit dem Foto von dem älteren Paar fanden zu 28 Prozent ihren Besitzer zurück. Die Geldbeutel mit dem Foto von der glücklichen Familie wurden zu 48 Prozent zurückgegeben. Bei den Geldbeuteln mit dem süßen Haustier waren es 53 Prozent, die ihren Weg zurück zum Besitzer fanden. Die Geldbeutel mit den lächelnden Babys wurden sogar zu 88 Prozent zurückgegeben. Es ist genau so wie Konrad Lorenz es vorausgesagt hatte: Die Baby-Gesichter wecken das Gefühl der Fürsorge und sprechen damit den Beschützerinstinkt an. Dieser Instinkt wirkt sich auf unser Denken, unsere Gefühle (Emotionen), unsere Motive und unser Handeln aus.

Augen, die beeinflussen / Der Pupillen-Effekt

Von der Wirkung der Augen geht zusätzlich eine besondere Anziehungskraft aus. Blicke sind auslösende Reize (Schlüsselreize), die uns stimulieren, aber auch Aufmerksamkeit und Wachsamkeit auslösen. Allein die übergroßen Augen eines Babys mit großer Iris und Pupille fungieren dabei wie ein Superstimulus. Dieser kann in gewisser Weise auch durch bestimmte Schminktechniken nachempfunden werden, was Frauen sehr gerne nutzen, um Männer besser und schneller zu verführen oder ihren Gesprächspartner in Verhandlungssituationen gewinnbringend zu beeinflussen.


Menschen finden Augen mit großer Pupille attraktiver. Pupillen weiten sich wenn wir erregt sind, also einen Reiz entdecken, der entweder ins Augesticht oder einen Reiz, den wir als sympathisch und attraktiv empfinden. Von derart angenehmen Reizen hätten wir gerne mehr, weshalb unsere Augen so viel wie möglich davon aufnehmen und in uns einlassen wollen - ähnlich wie beim Gähnen, wenn wir zum Denken meinen, mehr Sauerstoff zu benötigen, weil wir z.B. müde sind.


Eine derartige Pupillen-Reaktion erfolgt automatisch. Sie kann von uns nicht kontrolliert und schlecht manipuliert werden. Sie erscheint daher sehr authentisch und glaubwürdig, was unsere Intuition entsprechend anregt und unsere Urteile und Entscheidungen beeinflusst.


Wenn wir folglich ein Gesicht mit erweiterten Pupillen sehen, unterstellen wir schlussfolgernd völlig automatisch (intuitiv / unbewusst), dass uns der Andere sympathisch und attraktiv findet. Durch den Rückkopplungsprozess fühlen wir uns umgekehrt ebenfalls stärker von unserem Gegenüber angezogen. Hier wirkt das Gesetz der Reziprozität, was unter anderem zugleich erklärt, warum wir ein Essen bei Kerzenschein romantischer finden als etwa in einer hellbeleuchteten Kantine - denn auch bei gedämpftem Licht weiten sich unsere Pupillen, um die geringere Helligkeit auszugleichen und mehr Licht aufzunehmen.


Zugleich ist dies der Grund, warum es in Fast-Food Restaurants immer so hell ist. Schließlich geht es - wie der Name es bereits sagt - um schnelles Essen. Wer schneller wieder geht, isst auch schneller und wird dadurch weniger schnell satt. Zudem macht er den Tisch schneller wieder frei für den nächsten Gast. Insgesamt bedeutet dies höheren Umsatz. 

Gesichter & Augen in der Tierwelt: Täuschen

Die starke Wirkung der Augen wird auch in der Tierwelt genutzt, sogar zum Zwecke der Täuschung. Gnomenkäuze haben z.B. falsche Augen auf der Rückseite ihres Kopfes. Damit gaukeln sie ihren Fressfeinden vor, dass sie sie sehen können. Bananenfalter (auch Eulenfalter genannt) haben auf der Unterseite ihrer Flügel Zeichnungen, die wie Eulen-Augen wirken, um Feinde abzuschrecken. Zipfelfalter erzeugen sogar den Eindruck eines zweiten Kopfes, um ihre Fressfeinde bei ihrem Angriff ins Leere laufen zu lassen.

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