Hintergrundwissen "Klugheit, Wissen & Bildung"
Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehr-Wisser, Besserwisser
"Klugheit" (Intelligenz) und Bildung stehen zumeist in einem unmittelbarem Kontext. Wer viel weiß, wirkt klug. Ebenso wird unterstellt: Wer klug bzw. intelligent ist, weiß auch viel. Dies
allein deshalb, weil intellektuelle Fähigkeiten zum Wissenserwerb anregen und einen entsprechenden Sozialisations- bzw. Bildungsprozess nahe legen.
Ebenso bestehen stereotype Menschenbildannahmen
in Bezug auf bestimmte Berufe, deren Vertretern, Klugheit und Wissen unterstellt wird, allein schon dadurch, dass ein bestimmter beruflicher bzw. akademischer Abschluss vorliegt.
Dem ist aber nicht bzw. nicht immer so. Die Tendenz schreitet sogar immer mehr dahin, dass die unterstellten und miteinander gekoppelten Eigenschaften immer weiter auseinanderdriften: Wer klug bzw intelligent ist, muss nicht zwingend viel wissen bzw. nicht zwingend viele Wissensdaten in seinem Gehirn abgespeichert haben. Wer viel weiß, muss nicht zwingend intelligent sein. Zur Speicherung von Wissensdaten bedarf es nicht zwingend einer besonders hoch ausgeprägten Intelligenz. Das trifft auch auf unsere Bildung zu: Ein bestimmter Bildungsabschluss ist kein Garant dafür, dass man sein Leben oder eine bestimmte Arbeit klug, richtig und erfolgreich meistert.
Neue Untersuchungen zeigen sogar, dass Menschen, die ein bestimmtes Studium erfolgreich abgeschlossen haben, in Bezug auf ihre Klugheit (hier wurde lediglich die Fähigkeit gemessen, den erworbenen Bildungsabschluss in richtiges, schlüssiges und erfolgreiches Arbeiten umzusetzen) nicht selten sogar weit unter dem gemessenen Niveau von Menschen liegen, die der Otto-Normalverbraucher als weniger gebildet einschätzt, z.B. weil ihnen ein ganz bestimmter Bildungsabschluss fehlt, der in bestimmten Berufen gefordert wird.
Dies liegt natürlich mit an unserem Bildungssystem, aber auch an der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung: Während man früher eher davon ausgehen konnte, dass ein frisch promovierter Arzt, ein Jurist, ein Psychologe oder ein Lehrer wirklich Ahnung von seinem Beruf hat und diesen tatsächlich auch in der Praxis im Sinne seiner Patienten, Mandanten und Klienten ausübt, muss man heute schon länger suchen und entsprechende Personen und Angebote kritisch vergleichen.
Viele erfahrene Fachleute zweifeln mittlerweile in ihrer eigenen Branche bzw. in ihrem eigenen Beruf am Vermögen (Klugheit + Wissen + Umsetzung in der Praxis) ihrer neuen Fachkollegen und haben den Eindruck, dass an Stelle der logisch unterstellten Entwicklung in Richtung Fortschritt, vieles immer mehr in die entgegengesetzte Richtung tendiert, nur mit dem Unterschied, dass es mittlerweile immer mehr Schein als Sein gibt und auch seitens der Verbraucher immer mehr auf den Schein bzw. das Image gesetzt wird.
Tatsächlich existieren Testergebnisse, bei denen z.B. einige Lehrer vom Wissen her einigen Schülern hinterher hinken, einige Juristen zwar das Rechtssystem kennen,
ihre Fälle bzw. das Anliegen ihrer Mandanten aber vom Grundsatz her nicht verstehen oder völlig missverstehen (dazu hier ein Beispiel in einem anderen Kontext), Ärzte, die aus betriebswirtschaftlichen Aspekten, Operations- oder Behandlungsmethoden anwenden (wollen oder müssen), die wissentlich nicht optimal sind und Psychologen, die immer noch meinen, dass für Wahrnehmung unsere Sinnesorgane verantwortlich sind oder denen die vielzähligen weiteren Bereiche der Psychologie außerhalb ihrer speziellen Fachrichtung völlig fremd sind. So, zumindest die Erfahrungswerte aus den eignungsdiagnostischen Messungen von Personalpsychologie NRW.
Das, was einige als "Fachidioten" bezeichnen, basiert in der Regel auf der Inkongruenz von Bildungsweg und Intelligenz sowie dem Unterschied von logischem und ganzheitlichem Schlussfolgern und einseitigem Wissens-Erwerb auf Basis von Vorgaben und auf Basis von Theorien, die jedoch in keiner Verbindung mit deren Anwendung sowie der richtigen Nutzung in der Praxis stehen.
Letztendlich entscheidend ist immer der individuelle Mensch, der hinter seinem Beruf steht: Seine Persönlichkeit. Entscheidend ist sein Wissen, sein Fachkönnen, seine Motivation, sein Engagement und seine Klugheit inklusive der unterschiedlichsten Formen der Intelligenz (z.B. soziale Intelligenz/emotionale Intelligenz etc.). Ein Handwerker, Bauarbeiter oder Produktionshelfer muss nicht, wie viele Menschen stereotyp annehmen, automatisch weniger klug sein als ein Akademiker. Er kann sogar, wenn er aufgrund seines hohen Interesses an einem Thema viel liest und lernt, theoretisch sehr viel mehr wissen. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass es ihm ihm stereotyp wahrnehmungstechnischen Sinne nur wenige Menschen zutrauen.
Selbst die Größe unseres Gehirns steht in keiner zwingenden Verbindung mit Intelligenz oder unserem Wissen. Mehr Gehirn bedeutet nicht gleich mehr Grips bzw. eine höhere Intelligenz. Eine optimale gut ausgeprägte Verknüpfung und Kommunikation zwischen bestimmten Gehirnwindungen jedoch schon. Hinzu kommen jedoch noch viele weitere Faktoren z.B. der gesamte Input und dessen Verarbeitung.
Allein in Bezug auf den Begriff "Wissen" gibt es viele Missverständnisse. Hier muss zwischen der Aufnahme und Speicherung von Informationen (z.B. zwecks Erwerb eines Zeugnisses oder Abschlusses) und dem wirklichen Lernen, unterschieden werden. Hier geht es um Wissen, das dann auch übergreifend bzw. verzahnt anwendbar sowie sinnvoll, kreativ und zielführend nutzbar ist. Auch in Bezug auf "Intelligenz" gibt es viele Missverständnisse:
Intelligenz ist in der Psychologie lediglich ein Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen (Leistungsfähigkeit des Denkens).
Dazu zählt das Vermögen, die Welt um sich herum richtig wahrzunehmen,
schnell richtige Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, logisch und folgerichtig
zu denken und das eigene Denken in zielführendes erfolgreiches Verhalten umzusetzen. Ganz allgemein ist Intelligenz die Umschreibung für die Fähigkeit,
sich möglichst schnell und flexibel in neuen Situationen durch Einsicht zurechtzufinden und Aufgaben durch Denken (und nicht durch Erfahrung) zu lösen.
Es geht folglich um das schnelle Erfassen von Beziehungen und deren Kombination. Die Fähigkeit zum Wechsel der perspektivischen Blickrichtung z.B. ein neuer Blick auf ein bestehendes Problem und
das schnelle Finden einer Lösung zählt dazu, jedoch ohne etwas auszuprobieren und vorher zu lernen. Entsprechend neuer Erkenntnisse der Genetik und Epigenetik hängt Intelligenz auch von unseren
Genen ab, ebenso davon, wie diese genutzt werden und sich die Zellen im Laufe des Lebens verändern bzw. wie sie sich an die entsprechende Umgebung, die Umstände und die individuellen
Erfordernisse und Notwendigkeiten anpassen.
Wie intelligent ein Mensch ist, hängt demnach nicht nur davon ab, ob er entsprechende Gene besitzt, sondern auch davon, ob sie entsprechend genutzt bzw. entsprechend "eingeschaltet" oder
"abgeschaltet" werden, also ob sie gefördert werden oder eher ungenutzt verkümmern und sich zurückentwickeln. Insofern ist Intelligenz nicht statisch, sondern ein dynamischer Anpassungsprozess
unserer Gene, die sich an unsere konkreten Umweltbedingungen und die individuellen Erfordernisse anpassen. Wer folglich einmal etwas lernt und sich dann auf seinem Wissen ausruht, bildet seine
Fähigkeiten zurück, während Menschen, die täglich erneut bemüht sind, neue Zusammenhänge zu erkunden, zu erkennen und zu erweitern, zugleich ihre intellektuellen Fähigkeiten erweitern.
Folglich kann ein Mensch, der sich täglich auf Neue hohen intellektuellen Anforderungen stellt (z.B. täglich aufs Neue selbstständig mittels kognitiver Denkprozesse bzw. Verarbeitungsprozesse
Probleme löst) eine höhere Intelligenz entwickeln als ein Mensch, der das nicht tut bzw. muss (z.B. weil ihm alles in den Schoß fällt, weil er delegiert, weil er nicht so stark von Feedback
abhängt etc., weil es keine Probleme bzw. Herausforderungen gibt, weil Barrieren, Hürden, Hindernisse fehlen etc.).
Ein ganz wesentliches Desaster ist unser aktuelles Bildungssystem, das im Gegensatz zu früher eben keine Vorteile, sondern gemäß Eignungsdiagnostik offensichtlich Nachteile bringt, zumindest in den bereits getesteten Bereichen und Berufen. Liegt dies ggf. daran, dass heute fast jeder studieren will bzw. soll - und damit ein Studium zu einer Art 3-jährigen Ausbildung verkommt? Liegt dies daran, dass praxisbezogenen Ausbildungen bzw. den klassischen Berufsausbildungen immer weniger gesellschaftspolitische Anerkennung gezollt wird? Oder liegt es daran, dass deutsche Bildungspolitik seit einigen Jahren bedenklichen politisch-ideologischen Strömungen folgt? Oder liegt es daran, dass wir - im gesellschaftlichen Kontext betrachtet - allgemein immer dümmer und dümmer "gehalten" werden?
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