Hintergrundwissen "Mentalität"
Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehr-Wisser, Besserwisser
Was ist Mentalität?
Der Begriff "Mentalität" bezieht sich auf bestimmte Eigenschaften des Denkens und Handelns, die bestimmten Menschen und Personengruppen (z.B.
Bevölkerungs- oder Berufsgruppen) - aber auch ganzen Völkern und Nationen im Allgemeinen als stereotypes Persönlicheits-Muster zugeschrieben wird. Unabhängig der Problematik möglicher Verallgemeinerungen und daraus resultierender Vorurteile ist das
Vorhandensein bestimmter Mentalitäten Fakt - und darüber hinaus messbar.
Man spricht von der Mentalität der Lehrer, der Mentalität von Menschen, die in bestimmten Tierkreiszeichen geboren wurden und der Mentalität der Menschen in und aus bestimmten Ländern (z.B. die
Mentalität der Griechen). Automatische Mentalitäts-Zuordnungen beeinflussen auch das Image von Personen und Personengruppen (z.B. Menschen bestimmter Berufe oder bestimmter Nationalität bzw.
Herkunft).
Mentalität & Image
Selbst wenn eine komplette Verallgemeinerung von Mentalitäts-Zuschreibungen nicht in vollem Umfang zutrifft, beeinflusst die Mentalität einer Mehrheit das Image des Einzelnen bzw. die
Vorstellung, die sich Menschen von anderen Menschen machen, deren Gruppen- oder Schicht-Zugehörigkeit eine bestimmte Mentalität aufweist oder auch nur (z.B. auf Basis von Vorurteilen)
zugeschrieben wird.
Mentalität: Geistige Grundhaltung
Das Wort Mentalität entstammt dem Lateinischen „mens“, was „den Geist betreffend „bedeutet. Insofern ist Mentalität eine geistige Grundhaltung, die allerdings auch die Psyche betrifft.
Diese Grundhaltung beinhaltet eine entsprechende Vorprägung, Empfänglichkeit und Bereitschaft in Bezug auf unterschiedliche psychische und soziale Bereiche und Faktoren, die das individuelle,
soziale und kollektive Handeln inklusive möglicher Handlungsalternativen bestimmen.
Einstellungen,
Persönlichkeitsmerkmalen & Handlungsmuster
Das „Vorgeprägt sein“ von Menschen mit einer bestimmten Mentalität besteht aus einem System von Einstellungen und
Persönlichkeitsmerkmalen, aus denen sich wiederum bestimmte Verhaltens- bzw. Handlungsmuster ableiten. Zu diesem System vorgeprägter Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale zählt die
Einstellung zu sich selbst und zu anderen Menschen und Völkern, die Bereitschaft zu Leistung und Anstrengung, die Bereitschaft zu Information und Bildung sowie die Bereitschaft, bestimmte Risiken
einzugehen bzw. zu bestimmten Handlungen und Risiken zu neigen. Letzendlich manifestiert sich Mentalität in Handlungen (Verhalten), schließlich wirkt sich das Denken und entsprechende Denkmuster auf das Verhalten und entsprechende Verhaltensmuster aus bzw. führt sogar
dazu.
Entstehung von Mentalitäten
Die Entstehung einer bestimmten Mentalität erfolgt über den Erfahrungs-, Erziehungs- und Sozialisationsprozess. Bereits die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, einem bestimmten
Berufsbild, einer Kultur oder Nation kann allein durch die damit verbunden Lebensverhältnisse und deren Erleben und Kommunikation eine bestimmte Mentalität entwickeln.
Bei bestimmten sozialen Gruppen gibt es hier Überschneidungen, die eine bestimmte Kultur hervorrufen, die bei den Individuen dieser Gruppe als allgemeingültig und anerkannt bzw. als logisch und normal gilt. Das bezieht sich auch auf den Gebrauch von Sprache. Auch unsere Sprache hat einen prägenden Faktor, allein schon wegen der Unterschiede (z.B. in Begrifflichkeiten). Ein Beispiel zur Sprache:
In der deutschen Sprache klingt das Wort "Mond" hart und das Wort "Sonne" weich und freundlich". In Italien ist das genau anders herum: "il sole" klingt stechend hart, "la luna" klingt angenehm, warm und weich. Warum ist das so? Es liegt an unterschiedlichen Erfahrungen, die Menschen in Deutschland und Italien mit der Sonne und dem Mond machen. Diese Erfahrung prägt die Einstellung, die Mentalität und die Sprache.
Im Detail: Dem Mond wird ein harter männlicher Artikel ("der" Mond) zugefügt, der Sonne ein
warmer weiblicher Artikel ("die" Sonne). Die Deutschen empfinden die Sonne als etwas Positives (vielleicht, weil sie eher seltener vorkommt), den Mond eher als sachliches Neutrum. Auch mit Kälte
und Gruselstimmung wird der Mond in Deutschland in Verbindung gebracht. Im südlichen Italien, wo die Sonne öfter und wärmer scheint, sind die Menschen der Sonne dauerhaft ausgesetzt und empfinden
sie sogar eher als störend und ggf. nervig. In der italienischen Sprache erhält die Sonne daher ein in der korrekten Aussprache ein hart klingendes
Wort (sole) mit dem männlichen Artikel "il". Wenn die Sonne untergeht und der Mond scheint, erwacht in Italien das Leben, das sich nun gut aushalten lässt. Der Mond steht hier für angenehmes
Feeling sowie für Liebe und Romantik. Daher klingt das Wort freundlich, wird weich gesprochen (luna) und erhält den weiblichen Artikel (la).
Das trifft auch auf bestimmte Wörter und Gesten zu, die in unterschiedlichen Kulturen eine völlig andere Bedeutung haben: In Griechenland bedeutet ein Kopfnicken „Nein“ und ein Kopfschütteln „Ja“. Ähnlich ist es mit den Wortbezeichnungen, die genau anders herum klingen.
Mentalitäten & Missverständnisse
Wenn zwei unterschiedliche Kulturen und Mentalitäten aufeinandertreffen, kann es (wie oben erwähnt) folglich viele Missverständnisse geben. Daraus können Misstimmungen und Probleme
entstehen.
Mentalitäten & Kulturstandards
Mit der Beschreibung unterschiedlicher Kulturstandards beschäftigen sich Kulturwissenschaftler. Sie versuchen, die Mentalität bestimmter Kulturen beschreibbar zu machen. Das Zusammenspiel einer
bestimmten Art und Weise des Denkens (und deren Inhalte) kann ebenso wenig geleugnet werden wie die daraus resultierende Disposition für ein bestimmtes Verhalten, das sich aus diesen Denkmustern ergibt.
Mentalitäten & Weltanschauung
Während Denkmuster zu einer ganz bestimmten Weltanschauung führen, führt diese Weltanschauung wiederum zu einem ganz bestimmten Handeln, das durch die Selbst- und Fremdbildproblematik, die sich
aus einer bestimmten Mentalität ergibt, noch verstärkt wird. So sind z.B. Völker und Nationen bekannt, die sich im Denken über andere Völker / Nationen erhaben fühlen, was im Laufe der Geschichte
zu aggressiven Verhaltensmustern und der Auslösung von Kriegen, Eroberungsfeldzügen und Unterwerfung bzw. Unterdrückung anderer Völker/ Nationen geführt hat.
Eine Mentalität, in der sich ein Volk überwichtig nimmt, kann alternativ auch dazu führen, dass andere Nationen / Völker regelrecht mit Hilfen überschüttet werden. Humanitäre Hilfen zählen ebenso
dazu wie militärische, die Gewährung von Krediten ebenso wie die Einmischung in Politik, Verwaltung und Gesellschaft. Trotz aller gut gemeinten Absichten kann dies geradewegs nötigenden Charakter
haben. Die Menschen mit ihrer Mentalität können dies jedoch selbst in der Regel nicht selbst erkennen.
Ebenso sind Völker / Nationen bekannt, die sich selbst nicht so wichtig nehmen und / oder lieber auf Kosten anderer Völker leben.
Es gibt Nationen, die für eine erfolgreiche Wirtschaft bekannt sind – und andere, in denen Misswirtschaft vorherrscht, allein weil eine bestimmte Mentalität dies bewirkt oder zumindest die
Disposition dafür vorherrscht.
Mentalitätsunterschiede & mögliche Problematik
Die deutlichen Mentalitätsunterschiede zwischen bestimmten Völkern bzw. Nationen sind deutlich spürbar: Völker im Mittelmeerraum sind z.B. bekannt für ihre Gelassenheit und
Gastfreundlichkeit, aber auch für ihre Unzuverlässigkeit. Und hier sind wir wieder bei der Deutung einzelner Wörter: Ein Deutscher, dem Unzuverlässigkeit zugeschrieben bzw. unterstellt wird, wird
sich mit größerer Wahrscheinlichkeit darüber ärgern. Zuverlässigkeit zählt in Deutschland als wichtige soziale Kompetenz und Unzuverlässigkeit immer noch als Untugend bzw. sozial inkompetentes Verhalten.
Ein Südländer wird sich weniger - oder gar nicht - über eine derartige Zuschreibung aufregen, vielleicht darüber schmunzeln oder
das in einigen Fällen sogar als indirektes Kompliment ansehen. Er hat bereits in Bezug auf den Begriff bzw. das Wort eine ganz andere Deutung - zumindest dann, wenn er im eigenen Lande kulturell
sozialisiert wurde. Für den Begriff Zuverlässigkeit wird er - je nach Charakter - einen Witz parat haben oder auch sonst darüber schmunzeln oder sogar Bewunderung darüber äußern. Bewunderung
heißt jedoch nicht, dass die jeweilige Person selbst bestrebt ist, sich zukünftig püntklicher und zuverlässiger zu verhalten. Warum auch? Niemand möchte im eigenen Land Außenseiter sein z.B. weil
er sich abnorm verhält.
Hier wird deutlich, dass Mentalitätsunterschiede auch auf Normen basieren, die in unterschiedlichen Kulturen gelten und natürlich auch gelebt werden. Bereits hier werden Mentalitätsunterschiede
deutlich und auch die Problematik, die sich daraus ergibt. Schließlich geht jede Kultur von ihrer Deutung der Welt aus. Begriffe und Wörter zählen ebenso dazu wie Einstellungen und Ansichten z.B.
über das, was man jeweils als Tugend bezeichnet.
Nicht nur in der unterschiedlichen Deutung der Sprache liegt ein Problem, sondern auch beim Verhalten und den unterschiedlichen Erwartungshaltungen, woraus sich sogenannte Erwartungsfehler ergeben. Beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen kann dies entweder zu Begeisterung oder (im Negativen) zu Stress führen z.B. wenn die einen die Mentalität „bloß keine Hektik“ an den Tag legen, die anderen aber "Pünktlichkeit" und "Zuverlässigkeit" erwarten, weil sie es selbst gewohnt sind.
Unterschiedliche Mentalitäten erkennt man bereits bei der Begrüßung, die bei Südländern deutlich herzlicher erfolgt und körperlich näher ist als bei Menschen aus dem Norden. Deutlich werden unterschiedliche Mentalitäten auch bei der Geschwindigkeit der Körperbewegungen. Deutsche Reisende wundern sich nicht selten, wie langsam sich das Servicepersonal in Ländern des Mittelmeerraums bewegt. Was auf der einen Seite positiv gemeinter Ausdruck von Gelassenheit ist, erlebt der andere als Provokation.
Während in Deutschland Pünktlichkeit als wichtiger Faktor in Bezug auf soziale Kompetenzen gesehen wird, ist Zeit bei Menschen in südlichen Ländern eher Mittel zum Zweck. Dort ist man nicht nur im Privatleben unpünktlich – auch im Geschäftsleben sind Verspätungen die normale Regel. Südländer sind in der Regel deutlich kontaktfreudiger und leidenschaftlicher als Nordeuropäer. Südländer sind stets bemüht, auf alle Fragen eine Antwort zu haben. Ob diese Antwort dann auch stimmt, ist nicht sicher und spielt für die Antwortgeber mentalitätsmäßig eher weniger eine Rolle. Kommunikation an sich ist hier wichtiger als der Wahrheitsgehalt der Inhalte. Das betrifft auch die Nichteinhaltung von Versprechen bei Südländern. Sie sind nicht etwa als böse Absicht zu werten, sondern gelebter Ausdruck von allem, was man selbst im Leben gelernt hat. Die Dinge nicht so wichtig zu nehmen und einfach zu vergessen, gehört einfach zur Mentalität.
Menschen aus anderen Kulturen können das verstandesmäßig nur wenig verstehen, schließlich sehen sie alles aus ihrer Sicht. Das kann
dann manchmal geradewegs dümmlich anmuten. So gibt es Menschen, die sich davor fürchten, andere Menschen zu diskriminieren z.B. wenn sie Menschen mit anderen Mentalitäten z.B. als "faul"
bezeichnen. Aus ihrer Sicht (Kultur und Mentalität fofrmt den Geist) heraus können sie nicht verstehen, dass dieses Faulheit in einer anderen Kultur bzw. Gesellschaftsform sogar als Tugend gelten
kann. Bei einigen Kulturen gilt Faulheit zumindest so lange als Tugend wie sich andere finden, die für sie arbeiten. Betrachtet man diese Mentalität einmal objektiv und sachlich, so ist sie in
jedem Falle nicht unklug und sehr häufig zielführend.
Mentalität bezieht sich auf alle Bereiche des Lebens. Das Verhalten in der Erziehung unterliegt ebenso einer bestimmten Grund-Mentalität wie Kundenverhalten bzw. Käuferverhalten und
Konsumentenverhalten im Allgemeinen. Mentalität bezieht sich auf die Bereitschaft, Schulden zu machen und Verpflichtungen (z.B. Zahlungsverpflichtungen) einzuhalten. Mentalität bezieht sich auch
auf Motivation und Motive.
Im Schwerpunkt beschäftigen sich Soziologen und Historiker mit diesem Thema, das aber auch in der Sozialpsychologie eine Rolle spielt. Den in der Soziologie deutlich erkennbaren Zusammenhängen in
Bezug auf Mentalität steht in der Psychologie die Gefahr einer Stereotypen-Bildung als Wahrnehmungsfehler (z.B. Vorurteile) im Raume. Ebenso wurden kulturelle Mentalitäts-Fragen in der Geschichte
oft als subjektive Ideologien missbraucht.
Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe entwickelt zwar automatisch eine bestimmte Mentalität. Diese Mentalität gilt
aber nicht für alle gleich. Es wird immer Ausnahmen geben. Nicht alle Deutschen wollten (zur Zeit des Zweiten Weltkrieges) Krieg und Eroberung, nicht alle Deutschen waren Nazis und Judenhasser.
Eine große Mehrheit war jedoch deutlich geprägt. Sie hatte eine bestimmte Mentalität entwickelt, zu der auch das Folgsamkeitsprinzip zählte (Führer befiel, wir folgen). Bei den Griechen sind auch
nicht alle Menschen automatisch gastfreundlich gegenüber Fremden und ebenso wenig alle naiv, faul oder träge: Es gibt in Griechenland mehr Selbstständige und Millionäre als in vielen anderen
europäischen Nationen - und sicher sehr viele fleißige Menschen. Dennoch sind bestimmte Denkmuster und eine bestimmte Verhaltenstendenz in der breiten Masse nicht zu leugnen. Sie sind messbar,
ebenso wie die Disposition für Verschuldung, das Leben über die eigenen Verhältnisse heraus sowie das Negieren der Realität, was jeweils über Verhaltensmuster, Zahlen, Daten und Fakten messbar
ist.
Mentalität am Beispiel der Griechenland-Krise
Gerade in der aktuellen Griechenland-Krise werden Mentalitäts-Unterschiede deutlich. Während, die einen immer weitere Verhandlungen anstreben, Zugeständnisse machen und immer weiter auf Vernunft,
Logik und Verstand setzen, denkt die griechische Regierung von vorne herein nicht daran, so etwas wirklich ernst zu nehmen – auch nicht die Verträge, die sich aus Verhandlungen ergeben
würden.
Eine böse Absicht kann man allein deshalb nicht unterstellen, weil aus der anderen Mentalität heraus eine völlig andere Denkweise
vorherrscht. Diese Denkweise wird von nordeuropäischen Nationen weder verstanden, noch akzeptiert, noch die richtigen Rückschlüsse daraus gezogen. Auch unter den anderen europäischen Kulturen
gibt es derartige Unterschiede: So sieht z.B. die französische Presse die Deutschen in der Griechenland-Debatte als "unnachgiebig" und "engstirnig" an und schreibt den Deutschen eine
"Buchhalter-Mentalität" zu, während sich die Franzosen selbst als "nachgiebige Diplomaten" sehen. Aus derartigen Zuschreibungen resultieren dann auch die Image-Vorstellungsbilder z.B. das
Image der Griechen.
Während die Griechen mit überwiegender Mehrheit eine Sparpolitik, die Einhaltung von Verträgen und auch Europa unmissverständlich ablehnen, hören andere Nationen (z.B. die Deutschen) gar nicht wirklich zu. Sie nehmen das gar nicht ernst. Anstatt die logischen Konsequenzen aus der Einstellung der Griechen zu ziehen, nötigen sie Griechenland immer weiter mit ihrer Verhandlungsbereitschaft und Hilfeleistung, was einer klaren Nötigung gleicht. Da hat sich eine Nation nun einmal entschieden, finanziell unterzugehen. Andere lassen das aber nicht zu. Sie akzeptieren die Entscheidung nicht, bieten immer neue Verhandlungen und Hilfen an. Ihr Involvement ist höher als das der Griechen selbst. Ob dies nun auf andere dümmlich wirkt oder nicht. Fakt ist, dass Mentalitäten hier selbst von erfahrenen Politikern einfach nicht verstanden werden. Das ist aber auch kein Wunder: Schließlich geht der Mensch stets von sich aus: Von seiner Kultur, von seiner Mentalität, von seiner Glaubenshaltung und seinem Weltbild.
Regionale Mentalitäten
Selbst einzelne Regionen (z.B. Bundesländer und sogar Städte) weisen unterschiedliche Mentalitäten auf, die man gegenseitig nicht so recht versteht oder aber belächelt. Auch hier haben sich regelrechte Stereotype herausgebildet. Diese gehen weit über das hinaus als das was man als "der Deutsche" oder "der Italiener" bezeichnet z.B. "der Bayer", "der Sachse", "der Westfale" bzw. "der Kölner" versus "der Düsseldorfer". Auch hier sind unterschiedliche Mentalitäten nicht zu leugnen - auch, weil sie eben gelebt werden "wollen".
Bei den Franzosen oder den Italienern ist das nicht anders: Zwischen dem "Sizilianer", dem "Neapolitaner" und dem "Südtiroler" gibt
es vehemente Unterschiede und regelrechte Gegensätze in der Mentalität und Imagezuschreibung, die auch in der Kunst deutlich werden und sich in eindrucksvollen Filmkomödien niederschlagen z.B. "Così parlò Bellavista", ein Film von
Luciano De Crescenzo aus dem Jahr 1984. Ähnlich wie der Film "Maccheroni" (mit Jack Lemmon und Marcello Mastroianni von 1985), spiegelt er die
neapolitanische Mentalität sehr witzig wie eindrucksvoll und ist zugleich eine eindrucksvolle Liebeserklärung an Neapel, deren Einwohner-Mentalität sich deutlich von anderen italienischen
Mentalitäten abhebt. Auch hier wird deutlich: Es gibt nicht nur den "Italiener", sondern viele kulturelle und mentalitätsmäßige Untergruppen z.B. den "Neapolitaner", die für sich stehen und sich
deutlich abgrenzen.
In anderen Ländern ist esnicht anders. Bei den Franzosen kenn wir z.B. die sogenannten Sch’ti aus dem Norden, die sich mentalitätsmäßig deutlich von den Südfranzosen abheben. Ebenso kennen viele die eindrucksvolle
Filmkomödie "Willkommen bei den Sch’tis" (Bienvenue chez les Ch’tis) aus dem Jahr 2008, die mit 20 Millionen Kinobesuchern (allein in Frankreich) zu den bislang erfolgreichsten französischen Filmen
gehört.
Die Attraktivität an der Darstellung der unterschiedlichen französischen Mentalitäten bestätigte sich auch in den DVD-Verkäufen und der Zuschauerresonanz bei der Fernsehausstrahlung. In diesem Film werden mit großem Charme die Mentalitäts-Unterschiede zwischen Südfrankreich und der nördliche Region Nord-Pas-de-Calais sehr anschaulich und vor allem lustig dargestellt, ebenso die entsprechenden Vorurteile über den Norden und dessen Bewohner.
Auch bei den Italienern kommen derartige Mentalitätsunterschiede (zumindest zur Belustigung) gut an: Die italienische Neuverfilmung
"Willkommen im Süden" spielt hauptsächlich in Kampanien, basiert aber ansonsten auf der französischen Originalverfilmung. In anderen Ländern ist das ähnlich. In der Türkei sind es z.B. die
"Lasen" von der südöstlichen Schwarzmeerküste, über
die sich viele Türken amüsieren.
Veränderung und Vermischung von Mentalitäten
Mentalitäten werden aber auch neu sozialisiert. Im Rahmen der Einwanderung vermischen sich Menschen und ihre Mentalitäten miteinander, jedoch nicht automatisch zum Vorteil der zivilisatorisch zielführenderen Mentalität. Dabei gilt die Regel, dass sich die zivilisiertere zielführendere Mentalität sich mehr an die weniger zivilisierte bzw. weniger zielführende Mentalität anpasst, als umgekehrt.
Im Laufe der Geschichte haben sich viele Hochkulturen über ihre Eroberungs- und Einwanderungspolitik im Laufe der Jahre quasi selbst zerstört. Im Verlaufe des Sozialisationsprozesses haben sie die Mentalität der Stärkeren übernommen. Die Stärkeren waren jedoch nicht etwa die mit der höher entwickelten Klutur und zielführenderen Mentalität, sondern häufig jene, die kulturell weniger entwickelt waren und deren Mentalität als weniger zielführend galt.
Das ist zugleich der Grund, warum das Mittelalter die vielen Vorzüge in Bezug auf Kultur, Küche, Hygiene, Wasser- und
Sanitärtechnik, Volksabstimmung / Demokratie viele hundert Jahre später nicht mehr kannte und auch die Bahn in Deutschland heute eben nicht mehr so pünktlich kommt wie vor 100
Jahren.