Hintergrundwissen "Persönlichkeitsstörungen"

Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehrwisser, Besserwisser

Persönlichkeitsstörungen sind schwere Störungen der Persönlichkeit und des Verhaltens. Von einer Persönlichkeitsstörung spricht man, wenn bestimmte charakterliche Merkmale derart dominieren, dass dadurch Störungen im Erleben
oder in Beziehungen zu anderen Menschen (Umweltbeziehungen) eintreten.

 

Bei Störungen der Persönlichkeit weichen Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensmuster von situationsangemessenem Erleben und Verhalten ab, wodurch die persönliche und soziale Funktions- und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt werden kann. Man spricht dann von abnormer und/oder psychopathischer Persönlichkeit (Psychopathie). Die allgemeine Begriffsbezeichnung lautet "Persönlichkeitsstörung" (personality disorder).

 

Die Abweichung von der "Norm" bezieht sich weniger auf ein konkretes Merkmal an sich, sondern vielmehr auf dessen Prägnanz und Dominanz, die auf andere Menschen irritierend oder sehr ungünstig wirken kann, einem selbst aber in keinster Weise bewusst ist. So ist z.B. Selbstunsicherheit oder eine starke Selbstsicherheit auf der anderen Seite kaum einem Menschen fremd - in extremer Ausprägung wird beides jedoch hinderlich oder störend.

 

Die Symptome und Hintergründe von Persönlichkeitsstörungen sind komplex und vielfältig. In der Psychiatrie und der klinischen Psychologie werden sie nach charakteristischen Merkmalen unterteilt und unter ICD-10 und DSM-IV geführt bzw. klassifiziert, wobei Überschneidungen vorkommen können.

Die amerikanische Psychiatrie definiert folgendermaßen:
Persönlichkeiten, die a) in ihrem Bemühen um Anpassung bei inneren und äußeren Belastungen bestimmte Verhaltens- und Reaktionsmuster aufweisen bzw. annehmen, b)  weniger mit psychischen oder somatischen Symptomen reagieren und c) weniger Angst und Leidensdruck aufweisen als Neurotiker.

Entstehung von Persönlichkeitsstörungen
Anlagefaktoren wird die größte Bedeutung für die Entstehung von Persönlichkeitsstörungen beigemessen, während Konfliktreaktionen und Neurosen vorwiegend aus Umwelteinflüssen abgeleitet werden. Dies ist jedoch eine starke Vereinfachung der Problematik. Auch in der Entstehung von Neurosen sind Anlagefaktoren wirksam. Umgekehrt sind bei der Entstehung von Persönlichkeitsstörungen psychosoziale Faktoren maßgeblich. Die Dichtomie Anlage-Umwelt ist zur Unterscheidung von Persönlichkeitsstörungen und Neurosen nicht geeignet. Der Begriff Neurose findet in der modernen Klassifizierung sowieso keine Verwendung mehr. Viel entscheidender ist die Gewichtung der unterschiedlichen Faktoren, die ineinandergreifen.   

 

Persönlichkeitsstörungen, die sich bereits in der Jugend entwickeln oder im späteren Verlauf des Lebens auftreten, können sich auf Gefühle, Denken und Wahrnehmung, auf das Sozial- und Beziehungsleben und alle weiteren Bereiche des Lebens auswirken.

Je festgefahrener und verkrusteter eigene Wahrnehmungs- und Denk-Strukturen sind, desto mehr birgt dies die Gefahr von Persönlichkeitsstörungen, die Sache der klinischen Psychologie sind. Ebenso kann es - sehr häufig - zu schwerwiegenden Erkrankungen der Psyche, der Seele, des Geistes und damit auch des Körpers kommen. Dies bedarf einer fachärztlichen Behandlung, zum Beispiel durch einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie.

 

Diagnostik
Persönlichkeitsstörungen oder Psychopathie wird in dieser Formulierung heute nicht mehr unter Diagnose gestellt. Es liegt zumeist auch gar kein Leiden der Betroffenen vor. Betroffene, die sich - wenn überhaupt - Hilfe holen, tuen dies maximal in einem anderen Zusammenhang z.B. im Zusammenhang mit Psychosen. Aber auch in Bezug auf Psychosen sind die Betroffenen, die sich entsprechende Hilfe holen, extrem rar - und auch hier erfolgt dies zumeist in einem anderen Zusammenhang, was allein schon daran liegt, dass die Selbsterkennung und Einsicht fehlt.


Selbsterkennung
Menschen mit ernsthaften Persönlichkeitsstörungen und psychotischen Erkrankungen der Psyche können ihre Störung / Erkrankung selbst nicht sehen. Entsprechende Indizien wollen sie nicht wahrhaben, entsprechendes Feedback wird negiert. Sofern diese Menschen dennoch irgendwie den Drang nach Hilfe verspüren sollten, äußert sich das oftmals in ganz anderen Anliegen (z.B. bestimmtes Konsumverhalten, Beratung in einer ganz anderen Sache, Suche nach Lob und Bestätigung etc.).


Leider werden diese "Schein-Anliegen" von vielen nicht erkannt: Entweder weil ihnen die Grundlagen fehlen, diese Störungen zu erkennen oder weil es geschäftlich toleriert und sogar ausgenutzt wird. Letzteres ist sehr häufig der Fall. Vertrieb, Marketing und Werbung nutzen Persönlichkeitsstörungen aus und zielen mit ihren Maßnahmen bevorzugt auf diese sehr empfängliche - und dazu relativ große - Zielgruppe. Dies birgt die Gefahr, dass sich ein etwa fehl gerichtetes Selbstbild nur noch mehr verkrustet und letztendlich in eine bestimmte Richtung festigt, aus der man nur schwer bis kaum wieder herausfindet. 

 

Auch bei Berufsgruppen, die sich unmittelbar mit Persönlichkeitsstörungen und psychischen Erkrankungen beschäftigen, kann eine - wenn auch zumeist unbewusste - Tendenz festgestellt werden, ihre Klientel in ihrem Denken zu stützen bzw. zu helfen, die Störung anzunehmen und damit zu leben, nicht aber dagegen anzugehen und die Störung zu beheben. Finanzielle Aspekte wie die kassenrechtliche Abrechnung spielen hier sicher auch eine Rolle.

 

Fakt ist, das gegensteuernde Maßnahmen wie z.B. Selbstbild-Fremdbild-Konfrontationen, Provokatives Feedback Coaching oder sonstige hilfreiche aktive konfrontative Therapieformen von entsprechenden Berufsgruppen selten genutzt werden - sei es aus Angst, Hemmung, geschäftlich-abrechnungstechnischen Gründen (kann nicht abgerechnet werden und birgt die Gefahr einer unangenehmen Reaktion oder Klage) oder aus der allgemeinen eher defensiven Gesinnung des Berufsbildes heraus. Schließlich sehen sich die meisten Therapeuten eher als Beobachter, Zuhörer und Linderer und weniger als aktive Angreifer und Operateure mit Offensiv-Charakter.

 

Daher sind durchaus viele Fälle bekannt, in denen durch jahrelanges freundliches Zuhören in einer klassischen Psychotherapie nichts anderes erreicht wurde als die Annahme und Bestätigung der eigenen Persönlichkeit, die sich nun weniger zwar besser, faktisch aber immer noch gestört ist. Manche fühlen sich anschließend sogar besser in ihrer Störung. Ihr Umfeld jedoch nicht. Ursächlich ist schwerpunktmäßig aber die Grundproblematik, dass der Betroffene selbst die Verantwortung trägt. Er muss einsichtig sein, sich Hilfe suchen, die richtige Maßnahme wählen und zulassen, entsprechend mitwirken und die Maßnahme aktiv und regelmäßig verfolgen.

 

Therapeuten und Coaches sind exakt davon abhängig. Nur sehr wenige scheuen sich nicht davor, sich dem jeweiligen Fall offensiv und intensiv anzunehmen und die entsprechenden Konsequenzen zu tragen, wenn sie ihren Klienten mit der Wahrheit bzw. entsprechendem Feedback konfrontieren und dieser dann nicht mehr kommt, weil er ja eigentlich nur die positive Bestätigung für seine Persönlichkeit, sein Denken und sein Handeln suchte. Die Entscheidung zwischen Herabspielen oder Ernstnehmen von Persönlichkeitsstörungen ist insofern auch eine Frage von Moral, Mut und der eigenen Persönlichkeit und Gesinnung. 

Beispiele für Persönlichkeitsstörungen

Beispiele für Persönlichkeitsstörungen und eine Typisierung finden Sie auf unserer speziellen Wissens-Seite im Fachbereich ib Psychologie Coaching, wenn Sie weiterklicken und dann nach unten scrollen. 

Mit der Feststellung einer abnormen Persönlichkeit oder Psychopathie verbindet die Gesellschaft eine Abwertung (Störenfriede, Soziopathen, Anethopathen, social parasitism, moral defective etc.) Der Begriff des Psychopathen ist sogar zu einem Schimpfwort geworden. Die Psychatrie hat diesen Begriff jedoch immer völlig wertfrei vertreten.

 

Psychopathieforscher Kevin Dutton (Promovierter Psychologe und Research Fellow am Faraday Institute des St. Edmund´s College der Universität Cambridge und Lehrbeauftragter an der University of Western Australia in Perth) schreibt in seinem Buch "The Wisdom od Psychopaths" Menschen mit einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung sogar positive Eigenschaften zu. Auf jeden Fall räumt er mit Vorurteilen auf und gibt dem Thema eine neue Sichtweise.

 

"Natürlich sind Sie kein Psychopath. Vielleicht sind Sie eine Führungskraft oder ein sehr spiritueller Mensch. Sie haben Charme, Sie sind unerschrocken und risikofreudig, können harte Entscheidungen treffen. Sie sind sehr aufmerksam und können sich gut auf ein Ziel konzentrieren. Sie werden feststellen, dass das Eigenschaften sind, die Sie mit Psychopathen teilen. Selbstredend sind diese Eigenschaften nützlich, wenn man ein Serienmörder werden will. Aber auch im Gerichtssaal, in der Wirtschaft oder im OP. Oder im Leben eines Heiligen. Jede Medaille hat zwei Seiten. Psychopathen gelten landläufig als schwer gestörte Menschen. Zur Einschätzung von solchen Persönlichkeiten wird die Psychopathy Checklist, kurz PCL, eingesetzt. Wer mehr als 75 Prozent der Merkmale erfüllt, gilt als Psychopath. Es ist nicht überraschend, dass sich die größte Dichte an Psychopathen in den Hochsicherheitstrakten findet. Aber nicht nur Kriminelle, sondern sehr viele »normale« Menschen haben das eine oder andere Merkmal von dieser Liste. Und einige wirken keineswegs zerstörerisch, sondern dienen der Gesellschaft, indem sie besondere Aufgaben besonders gut erfüllen." (Kevin Dutton)

Gemäß der Sichtweise von Kevin Dutton kann man sich folglich fragen, was man von Menschen lernen kann, die psychopathische Eigenschaften besitzen, zumindest dann, wenn diese sie eben nicht zerstörerisch, sondern konstruktiv einsetzen. Eine überhohe Sensibilität hat in manchen Lebenslagen und beruflichen Tätigkeiten ebenso nützen wie narzistische Züge. Man könnte sogar sagen: Ohne starke Ausprägung narzistischer Züge kann ein Künstler, Schauspieler oder Politiker nicht wirklich extrem erfolgreich werden. Im Umkehrschluss fällt auf, dass sehr bekannte Persönlichkeiten in diesen Berufen sogar für entsprechende Charakerausprägungen bekannt sind. Nur durch die starke Ausprägung psychopathischer Charaktereigenschaften konnten gewisse berühmte Persönlichkeiten durch ihr Wirken - ob positiv oder negativ bzw. mehr oder weniger erfolgreich - überhaupt erst berühmt werden.

 

Auch in der modernen Personalauswahl weiß man, dass sich bestimmte Persönlichkeitsstörungen positiv auf bestimmte Berufsausübungen auswirken können, während andere störend bis zerstörend sind. Nicht selten führt die unterlassene oder falsche Berücksichtigung von Persönlichkeitsstörungen bei der Eignungsdiagnostik zu gravierenden Schäden. Alternativ werden wertvolle Potenziale nicht gewinnbringend ausgeschöpft. Nur das ib reality view & proof concept macht Persönlichkeitsstörungen in der Eignungsdiagnostik sichtbar und berücksichtigt dies entsprechend zu Gunsten des Unternehmens, welches nach dem Konzept arbeitet. Das Konzept wurde über einen Zeitraum von 15 Jahren von Andreas Köhler unter Nutzung psycho- bzw. neurolinguistischer Grundlagen und unter Berücksichtung der Erkenntnisse der Persönlichkeits-, Wahrnehmungs-, Kommunikations- und Sozialpsychologie und der modernen Neurowissenschaften entwickelt. Ausgangslage war eine bessere und sichere Eignungsdiagnostik für Sicherheitsberufe. Das frühere Konzept wurde jedoch weiterentwickelt und ist für alle Berufe und Positionen gleichermaßen anwendbar.

Weiteres Hintergrundwissen