Hintergrundwissen "Reizüberflutung"
"Übersättigungs-Effekt / Totlese-Effekt"
Mehrwert-Infos für Vielleser, Mehrwisser und Besserwisser
Übersättigungs-Effekt
Informationen bzw. Reize aus unserer Umwelt, die wir öfter wahrnehmen
bzw. denen wir häufig ausgesetzt sind, verlieren mit der Häufigkeit und Regelmäßigkeit des Eintreffens ihren "Reiz". Wir nehmen sie dann schwächer
oder stärker oder irgendwann gar nicht mehr wahr.
Am Ende steht die völlige Reizüberflutung und Abstumpfung hinsichtlich des Empfindens. Während z.B. der anfangs beißende Rauch einer Zigarette mit der Zeit der Gewöhnung deutlich
abgeschwächt - und schließlich als angenehm - empfunden wird, kann ein Kettenraucher nicht genug davon bekommen, weil er den "Genuss" schließlich immer schwächer wahrnimmt.
Ähnlich verhält sich dies bei anderen Genussmitteln, beim Temperaturempfinden, bei sexuellen Stimuli und bei allen anderen Reizen, die mit der Zeit "abflachen" und dann
geringer bis kaum noch wahrgenommen werden.
Umgekehrt kann sich das bei - als unangenehm empfundenen - Reizen verhalten, denen man unfreiwillig ausgesetzt ist. Sie können sich wahrnehmungstechnisch deutlich verstärken und schließlich
als unerträglich empfunden werden. Es gibt bestimmte Folter- und Mobbing-Methoden, die diesen Effekt ausnutzen. Ein weiterer Effekt, der mit Reizüberflutung in Verbindung steht, ist
der...
Totlese-Effekt
In der Kürze steckt nicht nur die Würze, sondern auch das Verständnis. Viele Informationen können
nicht gut verarbeitet werden. Das menschliche Gehirn ist schnell ermüdet und überfordert. Es entsteht schnell eine Demotivation, die eingehenden Informationen weiter zu verarbeiten.
So verlässt einen ggf. das Interesse, einen langen Text oder komplexe Ausführungen konzentriert oder überhaupt weiter zu lesen. Die Informationsverarbeitung kann nicht konstant aufrechterhalten
werden und ermüdet. Dann überlesen (überfliegen) wir einen Text z.B. einen Vertrag oder reimen uns den Rest selbst zusammen. Wir ahnen die weiteren Zusammenhänge voraus, füllen offene
Lücken mit eigenen Denk-Schemata und konstruieren uns den Rest selbst.
Dabei können wichtige, wertvolle und tragende Informationen untergehen, ggf. zu unseren Ungunsten. Lieber bleiben wir im ersten Schritt (Informationsaufnahme) hängen und glauben das alles, als im
zweiten Schritt der Informationsprüfung (siehe Automatic believing effect) alles komplex prüfen zu müssen. Die Ökonomie geht vor, leider nicht immer zu unseren Gunsten. Unser Urteil wird getrübt
und dadurch die Fähigkeit zur objektiven Entscheidung.
Gleichzeitig stellt der Totlese-Effekt in gewisser Hinsicht einen Spiegel in unser Unterbewusstsein dar und zeigt auf, wie hoch unsere Motivation für ein Thema ist,
mit dem wir uns lesend beschäftigen:
Während ein hoch motivierter Mensch, den das Thema (z.B. Fachartikel, Stellenanzeige etc.) oder die Hintergründe (Thematik, ein bestimmter neuer Job) brennend interessieren, einen Text komplett und ggf. mehrmals interessiert liest
und versteht (bzw. für sich verständlich macht), hört ein weniger interessierter Leser vielleicht schon nach wenigen Textpassagen auf zu lesen. Das Thema interessiert ihn nicht bzw. nicht wirklich. Er versteht den Text bzw. den Inhalt nicht. Er fühlt sich nicht persönlich angesprochen oder er empfindet bei einigen Begriffen oder Ausführungen derart negative Gefühle und Desinteresse, dass er aufhört, zu lesen oder das gelesene - selbst nach mehrmaligem Lesen - nicht versteht. Ggf. entstehen sogar negative Gefühle, die seinem Unterbewusstsein und einer dort schlummernden Problematik herrühren.
Der Totlese-Effekt steht in einem Zusammenhang mit unserem Unterbewusstsein und unserer Motivation. Dabei gilt folgendes Wirkungs-Prinzip: Je geringer die Motivation und das Interesse an einem Thema, desto schneller tritt der Effekt ein. Umgekehrt gilt dies entsprechend: Je höher die Motivation und das Interesse, desto langsamer tritt er ein, ggf. gar nicht.
Innovative tiefenpsychologische Personalauswahlkonzepte wie das
"ib reality view & proof concept" machen sich u.a. genau diesen
Effekt zunutze,
um a) die Motivation eines Kandidaten für einen neuen Job allgemein,
b) für eine konkrete berufliche Tätigkeit, c) für ein bestimmtes Thema zu messen
und gleichzeitig, bestimmte Charaktereigenschaften und innere Probleme frühzeitig festzustellen. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Feststellung, sondern vielmehr die Selektion der Bewerber im
Voraus. Von vorne herein unpassende bzw. unerwünschte Bewerber werden sich in der Regel gar nicht erst bewerben, weil sie a) die Stellenausschreibung nicht wahrnehmen und b) weil sie die Anzeige
frühzeitig abschreckt. Bei denen, die tatsächlich lesen und weiterlesen, entscheidet sich dann, c) wie gut sie lesen, d) den Inhalt verstehen und e) auf den Inhalt konkret reagieren. Im
Bewerbungsprozess wird dies bereits am Anfang deutlich und zwar vor dem weiteren Test-Prozedere bzw. einem etwaigen Vorstellungsgespräch.
Eine eher gegenteilige Wirkung erzeugt das...
Priming
Priming ist in gewisser Hinsicht auch eine Art der Reizüberflutung, nur dass sie im Hinblick auf die Intention derjenigen, die Priming nutzen bzw. einsetzen, zumeist positiv wirkt z.B. im
Hinblick auf unsere Erinnerung und auf Kaufentscheidungen.
Beim Priming werden bestimmte Schemata (übergeordnete Wissensstrukturen durch vorausgehende Erfahrung / Denkprozess-Schema), die Einfluss auf die Informationsaufnahme und Entschlüsselung haben,
im Gehirn aktiviert und durch dadurch bestimmte Informationen abgerufen bzw. durch unbewusste Wahrnehmung eines Reizes zugänglich gemacht. Die so aktivierte Information ist zu einem
späteren Zeitpunkt leichter abrufbar und breitet sich auf verwandte, ähnliche Informationen im Gedächtnis aus.
Priming erleichtert jedoch nicht immer die Verarbeitung eines Reizes. Wenn die zuletzt aktivierte Speichereinheit und der später folgende Reiz gegensätzlich sind, wird die
Verarbeitungsgeschwindigkeit des neuen Reizes reduziert. Detail-Infos
Weitere Informationen
Wahrnehmungsfehler