Hintergrundwissen "Wahrnehmung & Gehirnleistung"

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Unsere Wahrnehmung basiert nicht auf einer wahrheitsgetreuen 

Abbildung der Außenwelt in unserem Gehirn. Wahrnehmung ist vielmehr das Ergebnis der Reiz-Verarbeitung auf der Grundlage unserer Gehirntätigkeit und entsprechender Organisationsprinzipien. 

 

Wahrnehmung basiert somit auf einer aktiven, konstruktiven Leistung unseres Gehirns und wird aktiv von diesem geformt. Demzufolge kann Wahrnehmung als das Ergebnis der Interaktion zwischen sensorischer Stimulation und den strukturellen und funktionellen Eigenschaften des Gehirns verstanden werden - allerdings auch als Ergebnis autonomer Gehirntätigkeit ohne zeitgleiche sensorische Stimulation.

 

Ein eindrucksvoller Beleg ist die eigenständige Wahrnehmung sehbehinderter (blinder) Menschen oder Wahrnehmungsstörungen, die im Rahmen psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen auftreten, in völliger Abwesenheit entsprechender sensorischer Reize auftreten und dennoch als reale Wahrnehmungen erlebt werden, wobei sie nicht von der Realität unterschieden werden können.

 

Das gleiche Phänomen tritt auch hinsichtlich von Wahrnehmungsfehlern auf, wobei ein und derselbe reale sensorische Reiz von unterschiedlichen Personen völlig anders, ja sogar widersprüchlich und gegensätzlich oder nicht wahrgenommen wird, was in allen Punkten zugleich zur Hinterfragung der Realität des Reizes durch die wahrnehmende Person und/oder weitere wahrnehmende Personen und/oder Beobachter führt.

 

Untersuchungen haben gezeigt, dass z.B. das Auftreten von Halluzinationen eng mit der Hirnaktivität in genau den Hirnregionen zusammenhängt, in denen den Halluzinationen entsprechende externe Reize verarbeitet werden. Wie es dazu kommt, dass hirneigene Phantasien wie reale externe Reize verarbeitet werden, ist noch nicht vollständig bekannt. Entscheidend ist jedoch, dass die Hirnaktivität zu nicht von realen Ereignissen unterscheidbaren Wahrnehmungsinhalten führt.

 

Seit den frühen Forschungsergebnissen von Köhler und Wertheimer ist bekannt, dass es z.B. durch zweideutige Reize zu spontanen Wahrnehmungsänderungen kommt, wobei die Wahrnehmung zwischen zwei möglichen Interpretationen hin und her kippt. Bekannte Beispiele sind die Kippfiguren wie die Rubin-Vase, bei deren Betrachtung sich die Wahrnehmung einer Vase mit der zweier menschlicher Profile 

abwechselt, oder die dreidimensionale Zeichnung eines transparenten 

Würfels (Necker-Würfel), der in zwei unterschiedlichen räumlichen Orientierungen wahrgenommen werden kann. Eine Sonderform der sogenannten bistabilen Wahrnehmung ist der binokuläre Wettstreit, der entsteht wenn beiden Augen unterschiedliche Bilder präsentiert werden, die dann nicht verschmelzen, sondern zu einer bistabilen Wahrnehmung der beiden Bilder im Wechsel führen.

 

Bei berartigen Wahrnehmungen wie auch Wahrnehmungen sogenannter optischer Täuschungen entstehen Wahrnehmungsinhalte nicht ohne das Vorhandensein externer Reize. Tasächlich entstehen Wahrnehmungen aber auch ohne diese externen Reize, dass heißt, ohne unsere als solche bezeichneten "Sinnesorgane". Wahrnehmung ist in so fern ein Phantasie-Produkt unseres Gehirns und beruht auf unserer Vorstellungskraft, die widerum von unserer Gehirnorganisation und unserem Unterbewusstsein gesteuert wird. Äußere Reize wirken wie ein zusätzlicher und nicht alleiniger Stimulus. Insofern stellt allein unser Gehirn ein eigenes Sinnesorgan dar.